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Teil 2: Crewing auf der Milagros

Nur kurz mussten wir auf dem Weg zur Südspitze der Baja California den Atem anhalten, als der Motor ausstieg. Ausserdem wurden wir unterwegs mit Delfinsichtungen belohnt, mussten unsere Routenplanung ständig anpassen und lernten so richtig die Milagros kennen.

Segelstrategie

Für den ersten Schlag von Ensenada nach Bahia Santa Maria hatten wir uns gleich Grosses vorgenommen. Fünf Tage und viereinhalb Nächte soll er dauern und ein Viertel der Gesamtstrecke ausmachen. Wir hatten uns dafür entschieden, damit wir gleich zu Beginn viel Strecke gutmachen können. Ziel war es möglichst schnell die Pazifikseite, mit dem Wind schön im Rücken, hinter uns zu bringen. Dadurch hatten wir in der Sea of Cortez mehr Zeit günstige Wetterfenster abzuwarten, um dem vorherrschenden Nordwind auszuweichen.

Blick aufs Meer mit Halbwindkurs.
Am zweiten Tag unterwegs mit Halbwindkurs.

Motoren vs. Segeln

Eigentlich sind wir der Meinung, dass der Motor auf einem Segelschiff möglichst wenig genutzt werden soll. In der Praxis sieht das aber oft anders aus. Auch wenn viele das nicht gerne zugeben wollen. Gründe für’s Motoren oder Motorsegeln, was etwas besser tönt, gibt es viele. Dazu gehören in beliebiger Reihenfolge: Ungeduld, Zeitdruck, Tiden, fehlendes Können, Wetter, etc. In unserem Fall war es Fidus Rückflug in die Schweiz welcher unser Zeitfenster begrenzte, um mit dem Wind zu gehen.

Motoren vs. Segeln
Motorsegeln mit der Milagros.

Baja Italiana

Nach der Abfahrt hatten wir genau einen Monat Zeit für die ganze Tour um die Baja California herum. Um sich die Distanzen vorstellen zu können, gibt es einen guten Vergleich. Die Baja ist nämlich ungefähr gleich gross wie Italien. Da kommen einem vier Wochen für einmal Italien mit einem Segelschiff zu umrunden gar nicht mehr so lange vor. Bis zur südlichen Spitze hatten wir 12 Tage gebraucht. Bis zum Ziel hoch im Norden weitere 14 Tage und sieben Tage blieben am Schluss übrig, um das Schiff in Puerto Peñasco fürs Winterlager vorzubereiten.

baja california vs italy
Grössenvergleich: Baja California vs. Italien

Unterwegs

Am Anfang mussten wir 24h dem Wind hinterher «motoren», bis wir endlich genügend Wind in den Segeln hatten. Ab dann ging es aber vier Tage lang ab. Der Milagros gefiel es richtig, seit langem wieder einmal wie ein Delfin durchs Meer zu pflügen. Zeitweise segelten wir mit einem Reff zwei (Segelfläche bei Gross- und Vorsegel um rund 40% verkleinert) sieben Knoten schnell und konnten das Schiff kaum merklich verlangsamen. Wir gaben uns dem Schiff hin und freuten uns seiner Hochseetüchtigkeit. Zu keinem Zeitpunkt fühlten wir uns unsicher. Natürlich auch Dank Iñakis Captain-Adleraugen, denn seinen Sinnen entging nichts.

Blick auf die Steuerbordseite.
Unterwegs Blickrichtung Steuerbordseite.

Erste Überraschung

Das Ankern in Bahia Santa Maria verlief einwandfrei. Unser eigentliches Ziel war aber Bahia Magdalena mit Luftlinie sechs Seemeilen entfernt. Wir hörten von der grossen Bucht und ihren Mangrovenwäldern, den Walfischen und anderen Schwärmereien unserer Segelfreundinnen. Als wir uns am nächsten Tag unter Motor zwecks abwesenden Windes auf die 30 Seemeilen lange Fahrt machten, stockte der Motor just bei der strömungsreichen Passstelle in die Bucht hinein. Wir horchten auf, konnten aber vorerst kein weiteres Problem feststellen.

Wind gegen Strömung bäumt kurze Wellen auf.
Wind gegen Strömung bei der Passstelle der Bahia Magdalena.

Bahia Magdalena Traumparadies?

Insgesamt drei Nächte verbrachten wir in dieser eindrücklichen Bucht, wo uns jeden Abend bei Sonnenuntergang eine Delfinshow geboten wurde. Dass wir im einzigen Restaurant bei Puerto Magdalena für drei Teller mit kleinen Langustenschwänzen wie richtige Gringo-Touris abgezogen wurden minderte leider unsere Freude an dem kleinen Fischerdörfchen ohne befestigte Strassen im Norden der Bucht.

Sonnenuntergang bei Puerto Magdalena.
Sonnenuntergang bei Puerto Magdalena.

Der anschliessende Spaziergang, um den Ärger etwas zu verdauen, half dabei leider nicht. Nach rund zehn Minuten liefen wir in ein kleines Tal, wo wir plötzlich von frisch ausgebrannten Schildkrötenpanzern umgeben waren. Jeder Panzer hatte etwa einen Meter Durchmesser. Schildkröten sind auch hier geschützte Tiere. Ohne Diskussion machten wir rechtsumkehrt und verzogen uns aufs Schiff zurück. Wir beschlossen den Ort zu verlassen und weiter weg zu ankern.

Die ausgebrannten Schildkrötenpanzer.

Strich durch die Rechnung

Am Tag der Weiterfahrt stellte uns aber nach einer halben Stunde motoren der Motor ab. Glücklicherweise befanden wir uns immer noch im Innern der grossen Bucht von Bahia Magdalena und drifteten rund 20 Minuten durchs Wasser, bis Iñaki beschloss zurück zum Ankerplatz zu segeln. Nach wunderbarem zweistündigem Aufkreuzen gegen den Leichtwind erreichten wir punktgenau wieder unseren Startpunkt. Nun ging das «Troubleshooting» los.

Troubleshooting marine diesels
Bestes Handbuch für Marine Dieselmotoren.

Ist die Kraftstoffzufuhr gewährleistet?

Kaum war der Anker unter Segeln gesetzt, wurden die Motorenbücher und Stirnlampen gezückt. Ab in den Motorenraum! Die Fehlersuche geschieht mit Hilfe von standardisierten Abläufen und Listen. Diese Abläufe funktionieren aber nicht, wenn man sie nur im Glauben befolgt. Grundsätzlich beginnen sie mit den Grundbedürfnissen des Motors. Diesel, Luft und Kühlwasser. So kam es, dass wir den Dieselfilter gewechselt haben und rund zwei Stunden gewerweist haben, wieso denn immer noch Luft nachgezogen wird.

Zurück zu Frage eins: Ist die Kraftstoffzufuhr gewährleistet? Ich öffnete den Zugang zu den Dieseltanks und klopfte an den Backbordtank. Ein hohles, metallisches Geräusch erklang und das hiess, er war leer! Hmm… Was passiert, wenn ich den Schalthahn nun auf den anderen noch vollen Tank umlege?

Nach dem Entlüften des Motors, sprang er ohne zu murren innert Sekunden an und das Problem war gelöst. Wir gingen fälschlicherweise davon aus, dass die beiden Dieseltanks zusammengeschlossen sind, was sie aber in Wirklichkeit gar nicht waren. Ausserdem erkannten wir, dass die Tanks nur halb so gross sind, wie vom Vorbesitzer angegeben. Deshalb glaubten wir auch zu Beginn, dass die Kraftstoffzufuhr rein rechnerisch gewährleistet wäre. Was sie aber nicht war. Mea culpa.

Motorentlüftung nach Anleitung.

Pläne werden bei Ebbe in Sand geschrieben

Aus der Erkenntnis, dass die Dieseltanks auf der Milagros ein geringeres Volumen haben als angenommen, mussten wir unsere zukünftigen Zielorte nach den verfügbaren Tankstellen in der Baja ausrichten. Deshalb war unser nächstes Ziel auch Cabo San Lucas, welches wir eigentlich vermeiden wollten. Wir hörten von vielen Touribooten die quer durch den Ankerbereich heizen, Hotels die eine Ankergebühr einholten, Anlegegebühren von 100$ bei den Tankstellen und von einer ungeschützten Ankerbucht. Dementsprechend war unser Aufenthalt nur von kurzer Dauer. Glücklicherweise entfielen die Tankgebühren und wir waren nach zwei Stunden Tankmanöver wieder mit vollen Tanks auf dem Weg zum nächsten Ankerplatz.

Superyachten und grosse Hotelkomplexe zeichnen Cabo San Lucas aus.

Los Frailes

Zum ersten Mal seit der Abfahrt aus Bahia Magdalena (Mag Bay) gönnten wir uns bei Los Frailes wieder einen Ruhetag vor Anker. Den Versuch auf den Hügel am Ende der Bucht zu steigen mussten wir aufgrund der stacheligen Stauden und Kaktussen leider enttäuscht aufgeben. Bei unserem Ausflug an den Strand entdeckten wir aber eine Schildkröteneier Schutzstation, neben welcher wir gemütlich im Schatten verweilen konnten. Wir genossen den beinahe menschenleeren Strand und wurden von einer Touristin sogar für die Biologen der Schildkröteneierstation gehalten. Ich denke es lag vielleicht an Davids Hut. Hehehe.

Bucht von Los Frailes mit Schildkrötenschutzstation und Milagros im Hintergrund.
Fidus und Iñakis Strandoutfits.

Als nächstes Ziel der Reise stand La Paz fest. Es standen einige Dinge an. Dazu gehörten Carmens 30er Geburtstag, Besuch von Héctor und Claudia, sowie ein Wetterfenster das wir abwarten mussten.

Mehr dazu gibt es im dritten Teil zur Reise mit der Milagros.

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