Woche Nummer sieben ist die erste Woche des offiziellen Lockdowns. Wir arbeiten normal weiter und erleben für einmal keine Überraschungen.
Montag 30.3
Der Salon Umbau zieht sich etwas in die Länge und wir müssen uns an die Mexiko-Geschwindigkeit gewöhnen. Mit seinen 77 Jahren erledigt Cruz seine Arbeit in einem gemächlicheren Tempo. Immerhin haben wir jetzt wieder Bretter für die Substruktur über den Tanks im Salon. Darauf werden später die Eichenlatten, welche sich noch in einem guten Zustand befinden, wieder aufgenagelt. Cruz war auf jeden Fall ein Glücksgriff. Zuerst wollten wir Mario für die Holzarbeiten engagieren und haben die Arbeit von ihm offerieren lassen. Wir wurden von ihm aber leider schon bei einem ersten Materialkauf über den Tisch gezogen und haben uns dann still für die andere Offerte entschieden. Cruz arbeitet schon sein ganzes Leben als Schreiner, hat fünf Söhne, X Grosskinder und Urgrosskinder. Netterweise leiht er uns sogar sein Auto aus, während er hier auf dem Schiff beschäftigt ist.
Arbeitstechnisch haben wir begonnen die Bilge, den tiefsten Raum des Schiffs, zu reinigen. Das Gute an unserer Bilge ist, dass sie sehr tief ist. Das rund ein Meter tiefe «Loch» (50x50x100cm) kann bei Wassereintritt relativ viel davon auffangen, ohne dass das ganze Schiff unter Wasser steht. Das etwas weniger Gute daran ist, dass sie eher schwierig zu Reinigen ist. In der Bilge versammelt sich der ganze Dreck des Schiffs. Dazu gehören Motorenöl, Staub, Haare, Duschwasser usw. Mit Seife und Bürste am Besenstiel machen wir uns daran sie zu schrubben. Immer wieder spülen wir Wasser hinein und die Bilgenpumpen pumpen das Dreckwasser wieder hinaus. Iñaki baut ein neues Bilgenpumpenkonstrukt aus zwei verschiedenen Pumpen. Eine kleine ist direkt am Boden der Bilge angebracht und eine zweite grössere ist etwa 30 cm höher montiert. Das heisst, dass wenn die Kleine nicht mehr nachkommt mit Pumpen, setzt die Zweite ein und schafft rund 220 Liter in der Minute aus dem Schiff. Das Ziel der Reinigung ist, dass wir die Bilge neu mit spezieller Farbe streichen können. Dies soll dabei helfen, die Fiberglaswände wieder zu schützen.
Dienstag 31.3
Am Morgen habe ich die ausgeschliffene Stelle in der Hülle auf Steuerbordseite mit Fiberglas aufgebaut und verstärkt. Jetzt hat die Hülle dort wieder ihre alte Stärke. Wenn wir Aussen die Hülle streichen, werden wir auch noch von aussen ein oder zwei Schichten Fiberglas darüberlegen und somit ist der Flick verschwunden und hält wahrscheinlich noch für die nächsten 40 Jahre.
Mittags gehen wir immer noch oft ins «mar y tierra» essen. Wir wissen aber nicht, wie lange dies noch möglich ist. Wahrscheinlich wird es bald nur noch Take Away geben. Die Regierung hat theoretisch seit dem 28.3 alle nicht-essentiellen Läden geschlossen. Voraussichtlich dauert der Lockdown bis am 30.4. Wir sind gespannt, wie sich die Lage in der nächsten Osterwoche, der «Semana Santa», entwickelt. Normalerweise gehen dann alle Leute ihre Familien besuchen. Ich hoffe, dass danach die Kurve hier nicht sprunghaft ansteigt.
Mittwoch 1.4
Wir vernehmen, dass die Bierproduktion der zwei grossen Produzenten Modelo und Heineken in Mexiko eingestellt wird ab dem 5.4 , da es sich dabei ebenfalls um ein nicht-essentielles Gut handelt. Ehm ja. Wir schreiben Bier in Grossbuchstaben auf unseren Einkaufszettel und hoffen, dass wir nächstes Mal noch welches kaufen können. Uns erreichen schon die ersten Bilder der Bierhamsterkäufe… Wie es sich später herausstellt wird die Bierlage ernst.
Wir verbringen den Tag mit Motorenraum, Webseite und Internetrecherche. Die Fenster im Salon möchten wir mit einer UV-Folie bekleben. Die Hitze soll dadurch etwas reduziert werden aber gleichzeitig soll die Sicht nach aussen in der Nacht nicht stark eingeschränkt werden. Von 3M gibt es dafür gute Autoglasfolien. Leider ist nicht ganz klar, wo wir diese herbekommen werden. Wieder einmal wird uns die ausserordentlich gute Versorgungslage in Europa bewusst. In Mexiko gibt es Waren sehr oft nur in schlechterer Qualität. Zum Beispiel gibt es die Sperrholzplatten nur mit wenigen Schichten und meistens aus minderwertigem Holz wie Tanne. Auf dem Schiff bräuchten wir Holz mit mehr Schichten und besseren Leim. Wir können es aber in ganz Guaymas nicht erhalten. Der Grund dafür ist, dass sich die durchschnittliche Mexikanerin die teureren Produkte schlichtweg nicht leisten kann. Deshalb werden die Produkte mit höherer Qualität auch nicht in den Läden angeboten. Hier bestimmt die Nachfrage wieder einmal das Angebot.
Donnerstag 2.4
Mit dem Pickup von Cruz düsen wir in die Stadt und grasen die verschiedenen Läden ab. Im Schraubenladen gibt’s die Schrauben, im Fruchthandel die Früchte und das Gemüse und im Plasticos y Resinas gibt’s Fiberglasmaterial. Alles scheint noch geöffnet zu sein. Die Menschen tragen aber zu 50% bereits Masken.
Iñaki ist in stetigem Austausch mit dem Segelmacher «Rolly Tasker», welcher uns eine Offerte für ein neues Grosssegel gemacht hat. Das Segel wird in Thailand hergestellt und kostet alles in allem rund 2’200 Franken. Ein richtiges Schnäppchen. 😊 Leider haben wir das Problem mit der Segelschiene und den dazu passenden Rutschern noch nicht gelöst. Wir warten immer noch auf eine Offerte von einem anderen Anbieter. Auch ist noch nicht klar, wie viele Reffs schlussendlich ins Segel kommen. Iñaki hätte gerne vier, um sich damit eine «eingebaute» Sturmbesegelung zu ermöglichen. Die Meinungen dazu gehen weit auseinander. Weitere Recherche steht an.
Freitag 3.4
Ich verbrachte den ganzen! Morgen damit, unser Shadetree Schattenzelt fürs Heck aufzustellen. Die vermeintlich einfache Aufgabe zog sich etwas in die Länge. Nach dreimaligem Einsetzen der Zeltstangen ist es mir zu 90% gelungen, die richtigen Stangen einzusetzen. Selbst mit Abmessen war es nicht ganz leicht herauszufinden, wo welche Länge hinkommt. Kein Wunder stellte der Vorbesitzer das Zelt nie auf. Jetzt wo es steht haben wir einen gemütlichen Schattenplatz auf dem Hinterdeck.
Iñaki hatte an diesem Tag unsere neue Wassertankschaltstelle zusammengebaut mit dem neuen Quick Connect System für Wasserrohre. Ausserdem konnte er einen Süsswasseranschluss ins Motorenkühlungssystem einbauen. Diese kann man dazu nutzen, wenn man für längere Zeit den Motor nicht benützt, das Kühlwassersystem mit Süsswasser zu spülen. Dadurch wird der Motor mehr geschont, weil weniger Salzwasser mit ihm in Kontakt kommt.
Samstag 4.4
Wir haben für Samstag und Sonntag ein freies Wochenende einberufen. Cruz erhöht am Morgen noch den Esstischbereich. Ausserdem erhält Iñaki den ersten Bootsplatz Haarschnitt mit Rasierer und Baustellenschere. Zum Glück schneide ich ihm schon immer die Haare und war somit bereits in Übung. Leider haben wir die gute Haarschneideschere vergessen, deshalb sind manche Stellen am Kopf vielleicht etwas unpräzise geschnitten. Hihi. Mit Pädlä und Fidu führen wir noch ein längeres Telefonat, um die weiteren möglichen Entwicklungen in unseren Plänen zu erörtern. Soweit steht fest, dass die zwei Ende Juli kommen können. Leider herrscht dann bereits Hurricane Saison und wir können ihr Schiff dann nicht in die Baja hineinbringen. Verschiedene Optionen stehen an und wir werden in der nächsten Zeit sehen, wie sie sich entwickeln.
Als wir wie gewohnt unsere Päckli in San Carlos abholen wollten, teilte uns der Uberfahrer mit, dass nur noch Residents ins Städtchen reinfahren können. Ok, Planänderung. Glücklicherweise konnte Debbie uns die Pakete in Guaymas vorbeibringen. Wir sind dankbar, dass wir trotz geschlossener Grenzen noch an unsere Schmuggelware kommen.
Zum ersten Mal seit einem Monat schaue ich wieder Netflix zur Unterhaltung. Iñaki hat drei Folgen Ozark heruntergeladen und ich schaue gleich alle drei am Stück… Das war ein Fehler, denn jetzt muss ich wieder warten, bis wir genügend Datenmenge haben, um noch mehr herunterzuladen. Tiger King habe ich schonmal als potentielle nächste Serie angemeldet, die wir schauen könnten… Das Internet wird momentan damit überflutet und ich kann es kaum erwarten, diese Serie zu schauen.
Sonntag 5.4
Den Sonntag verbringen wir auch wieder in einem gemächlicheren Tempo. Leider musste ich den angesetzten Sauerteig entsorgen. Ich habe mich anscheinend zu wenig an die Massangaben gehalten. Es scheint so, als hätte eine Dysbalance zwischen Wasser und Mehl bestanden. Als Kompensation habe ich erneut Brot nach Mamis Rezept gebacken und es kam beinahe perfekt heraus. Im Kochwahn habe ich auch noch gleich Peanutbutter Cookies gemacht. Wir werden bald merken, dass unser Gasfläschen diesbezüglich etwas limitiert ist.
Es kommt noch Harry vorbei um sich zu verabschieden. Er und seine Frau gehen für zwei Monate Segeln, bevor die Hurricane Saison beginnt. Bei ihm konnten wir die Tischsägen benützen und er gab uns viele hilfreiche Tipps bezüglich Umbausachen. Leider war seine Frau nicht so gut auf uns zu sprechen, da José Angel beim Holzzuschneiden auf der Tischsäge einen kleinen Blechschaden an ihrem neuen Auto verursacht hat… Zum Glück hat sich dabei niemand verletzt.